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Projektperspektiven

Inmitten der Stadt Erlangen entsteht ein neues Kapitel: die Brauhöfe Erlangen.

Mitten im Herzen Erlangens, auf dem geschichtsträchtigen Gelände der ehemaligen Kitzmann-Brauerei, nimmt ein neues, lebendiges Stadtquartier Form an: die Brauhöfe Erlangen. Hier trifft Tradition auf Innovation – wo einst Bier gebraut wurde, entstehen moderne Stadtwohnungen, Apartments und Gewerbeflächen. Im Interview teilen Architekt Gerhard P. Wirth und Rüdiger Sickenberg, Vorstand der SCHULTHEISS Wohnbau AG, spannende Einblicke in die Herausforderungen der Transformation, und die visionären Ideen, die hinter diesem außergewöhnlichen Projekt stehen.

 

Herr Sickenberg, skizzieren Sie bitte kurz — was macht das Projekt "Brauhöfe Erlangen" zu einem architektonisch und städtebaulich so besonderem Vorhaben?

 

Rüdiger Sickenberg: Die Brauhöfe in Erlangen sind für uns tatsächlich ein ganz besonderes Projekt. Sie liegen mitten in der Stadt, direkt an der historischen Stadtmauer, und es gibt nicht viele solcher Lagen, die so nah am Zentrum und gleichzeitig so geschichtsträchtig sind. Noch vor wenigen Jahren wurde dort Bier gebraut. Jetzt haben wir die Möglichkeit, dieses Areal neu zu beleben – mit einem Mix aus Wohnen, Arbeiten und Leben. Es geht darum, den Charakter und die Historie des Orts zu bewahren und gleichzeitig etwas Zukunftsweisendes zu schaffen.

 
Die SCHULTHEISS Wohnbau AG übernimmt traditionell viele Bauleistungen in Eigenregie. Warum wurde für dieses Vorhaben das externe Architekturbüro GP Wirth hinzugezogen, und welche spezifischen Qualitäten bringt es in die Planung der Brauhöfe Erlangen ein?

 

Rüdiger Sickenberg: Wir haben bei SCHULTHEISS viele Kompetenzen unter einem Dach – von der Architektur bis zur Landschaftsplanung. Unser Fokus liegt jedoch ganz klar auf Neubauprojekten. Die Brauhöfe hingegen sind ein Projekt mit einer sehr spezifischen Ausgangslage: Hier treffen 200 Jahre Geschichte auf die Anforderungen an modernes Wohnen von heute. Insbesondere der Umgang mit der historischen Bausubstanz erfordert eine besondere Expertise. Das Architekturbüro GP Wirth bringt genau diese Erfahrung mit und hat uns bereits in früheren gemeinschaftlichen Projekten überzeugt.

 

Herr Wirth, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Ihrem Architekturbüro und der SCHULTHEISS Wohnbau AG in einem Projekt, das Historie und Moderne so eng miteinander verknüpft?
 

Gerhard P. Wirth: Bei einem Projekt wie den Brauhöfen ist die funktionierende Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Architekt absolut essenziell. Es ist keine Aufgabe, die einer allein lösen könnte – das funktioniert nur, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht. Bei einem so komplexen Vorhaben, wo jeder Quadratmeter anders ist, muss man Lösungen gemeinsam finden. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kochen würde, wäre das Projekt zum Scheitern verurteilt. Wir hatten bei den Brauhöfen von Beginn an eine klare gemeinsame Richtung, und das ist enorm wichtig. 
 

Bauen im Bestand erfordert einen sensiblen Umgang mit der vorhandenen Substanz. Welche besonderen architektonischen Herausforderungen müssen Sie bei den Brauhöfen Erlangen meistern, und was macht diesen Aspekt des Projekts für Sie besonders reizvoll?


Gerhard P. Wirth: Wenn wir an ein Bestandsobjekt wie dieses herangehen, dann geht es uns vor allem darum, die Seele des Ortes wieder herauszuarbeiten. Diese Seele ist oft über die Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte überdeckt, umgebaut oder verändert worden. Der Bestand auf dem Areal hat teilweise eine 200-jährige Geschichte, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Die Herausforderung liegt darin, diese Schichten freizulegen, manches zurückzubauen und mit neuen Elementen zu ergänzen, sodass die ursprüngliche Atmosphäre wieder spürbar wird. Und ich bin überzeugt: Die Menschen, die später hier wohnen oder arbeiten, werden diese Stimmung auch spüren und schätzen, weil sie eintauchen in etwas, das echt ist – ein Stück Geschichte, das wir erhalten und gleichzeitig in die Zukunft führen – etwas, das im reinen Neubau nie in der Form reproduzierbar wäre. Eine Sanierung in diesem Umfang ist natürlich aufwendig und kostenintensiv, gerade bei historischer Bausubstanz. Trotzdem ist es die richtige Entscheidung, den Bestand zu erhalten, denn abreißen und neu bauen wäre am Ende zwar günstiger gewesen, hätte aber den einzigartigen Charakter des Quartiers unwiederbringlich zerstört. Gleichzeitig entstehen durch diese besondere Herangehensweise attraktive Wohnungen, die durch ihre Verbindung von Historie und Moderne zu echten Unikaten werden – ein Mehrwert, den nur Projekte wie dieses bieten können.
 

 

Neben der Revitalisierung des Bestands realisieren Sie in den Brauhöfen Erlangen auch einen Neubau. Welche Ansprüche haben Sie an die harmonische Verbindung von Neubau und Bestand gestellt?
 

Gerhard P. Wirth: Der Baukunstbeirat der Stadt Erlangen war bei diesem Projekt von Anfang an ein wertvoller Partner. Er hat klar vertreten, dass sich ein Neubau harmonisch in die bestehende Struktur einfügen muss, ohne die historische Substanz zu überstrahlen. Diese Rückmeldung war nicht nur richtig, sondern auch ein entscheidender Impuls, der unsere gesamte Herangehensweise geprägt hat. Aufgabe und Anspruch war es also, die Balance zwischen dem Respekt vor der Historie und einer zukunftsorientierten Gestaltung zu finden. Ein Neubau in einem solchen Umfeld musste daher auch konsequent aus dem Bestand heraus gedacht werden. Einfach einen starren, rechteckigen Baukörper hinzustellen, der wie ein Fremdkörper wirkt, wäre fehl am Platz. Deshalb haben wir uns für eine polygonale Form entschieden, die auch in der Dachgestaltung die Dynamik des Bestands aufgreift. Diese Formensprache fügt sich in die gewachsene Struktur ein und führt den Ort zugleich in eine neue Richtung. Auch in der Fassade setzen wir gezielt Akzente, die eine Verbindung zur Historie herstellen – etwa durch Klinkerelemente, die an die Fassade des Sudhauses anknüpfen. Unser Ziel war immer, dass Neubau und Bestand am Ende als Einheit wahrgenommen werden, die nahtlos ins Quartier passt und eine stimmige Geschichte erzählt. 
 

Die Themen Nutzungsdurchmischung und Multifunktionalität gelten als Schlüssel für nachhaltige städtische Quartiersentwicklung. Wie wurden diese Prinzipien in den Brauhöfen Erlangen umgesetzt?
 

Rüdiger Sickenberg: Die Nutzungsdurchmischung war von Anfang an ein zentraler Gedanke. Wir wollten ein Quartier schaffen, das nicht nur Wohnraum bietet, sondern das sich auch mit der Stadt verbindet. An der Fahrstraße, im Erdgeschoss des Sudhauses, wird es zwei kleinere Gewerbeeinheiten geben – denkbar sind hier individuelle Läden oder Büros. Sie öffnen das Quartier nach außen und stellen den Bezug zur Stadt her. Gleichzeitig entstehen Wohnungen für verschiedene Lebenssituationen, von Mikroapartments bis hin zu Penthäusern. Diese Mischung macht das Quartier so vielfältig.
 

Nachhaltigkeit ist in der heutigen Architektur unerlässlich. Inwiefern war das Thema bei der Planung der Brauhöfe Erlangen prägend?
 

Gerhard P. Wirth: Für mich beginnt Nachhaltigkeit ganz klar mit dem Erhalt der bestehenden Gebäudesubstanz. Es gibt nichts Nachhaltigeres, als ein Gebäude weiter zu nutzen, anstatt es abzureißen und neu zu bauen. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Vergleiche angestellt, und die CO2-Bilanz spricht eindeutig dafür, Gebäude zu erhalten. Diese Erkenntnis sehe ich als Überschrift für alles, was wir hier tun. Natürlich gehören zu einem solchen Projekt auch technische Ergänzungen wie Wärmedämmung, moderne Heizsysteme oder begrünte Dächer – das sind notwendige Maßnahmen, um heutigen Anforderungen gerecht zu werden. Aber der entscheidende Beitrag zur Nachhaltigkeit liegt darin, die Substanz zu bewahren. Damit schaffen wir nicht nur hochwertigen, sondern auch verantwortungsvollen Wohnraum. Menschen, die sich für dieses Quartier entscheiden, wählen bewusst eine Form des Wohnens, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet – ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, der zugleich mit Stolz und gutem Gewissen getragen werden kann.

Welche großen Herausforderungen sehen Sie im heutigen städtischen Wohnungsbau, insbesondere bei der Schaffung neuer Quartiere wie den Brauhöfen Erlangen?
 

Rüdiger Sickenberg: Die größte Herausforderung ist, Individualität und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Bei den Brauhöfen haben wir genau das geschafft – mit kreativen Ideen und viel Herzblut. Als echter Erlanger macht es mich einfach glücklich zu sehen, dass das Areal seinen einzigartigen Charakter behält und wir gleichzeitig etwas Neues daraus entwickeln können. Eines ist klar: Solche Projekte brauchen Zeit, Mut und vor allem Leidenschaft – und genau das haben wir alle in dieses Quartier investiert.

 

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